Kursziele und Kursinhalte | ||
Im Rahmen der Biochemie I und im Mikrobiologieteil von
BIO-III (3. Semester) haben Sie einige Grundstoffwechselwege und bioenergetische
Prinzipien kennen gelernt. In diesem Kurs möchten wir Sie mit der
enormen Stoffwechsel-Diversität bei den Prokaryoten vertraut machen.
Sie sollen nicht überwältigt sein von der Vielfalt, sondern
daraus grundlegende Prinzipen herausfinden, die die vielen Stoffwechselwege
und die paar Energieumwandlungsmechanismen auszeichnen. |
Zahlreiche mikrobielle Stoffwechselfähigkeiten
hat sich der Mensch seit langem zunutze gemacht, in der Landwirtschaft,
der Lebensmittelkonservierung, der Medizin und zum Studium der ökologischen
Prozesse in den geochemischen Stoffzyklen, um nur einige Beispiele zu
nennen. |
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1. Prinzipien der Stoffwechselvielfalt | ||
Stoffwechselprozesse erlauben Organismen, die für die Bildung neuer Zellen nötigen Stoffe aus der Umwelt aufzunehmen und sie in jene biologischen Moleküle umzuwandeln, welche Bestandteile von Zellstrukturen sind. Thermodynamisch sind dies meist endergone Prozesse, die nur dann geschehen können, wenn die Organismen gleichzeitig Energie aus exergonen Dissimilationsvorgängen freisetzen und in biochemisch nutzbare Energieformen umwandeln können. Organismen nutzen die bei Oxidationsreaktionen freiwerdende Energie, wobei die Energiequellen reduzierte chemische Verbindungen sind. |
Diese können durch redoxchemische oder photoredoxchemische Reaktionen entstehen. Gewisse Spezialisten unter den Prokaryoten können mit Hilfe des Sonnenlichts direkt chemiosmotische Potenziale aufbauen. Die prokaryotische Stoffwechseldiversität gründet in der Vielfalt der möglichen Energie- und Elektronenquellen sowie der verwendeten Oxidationsmittel und in der Variabilität von anabolischen und katabolischen Wegen mit den sie katalysierenden spezifischen Enzymen, Coenzymen, Pigmenten, etc. |
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2. Abwandlungen der Stoffwechselprinzipien | ||
Aufbauend auf den biochemischen Prozessen in Chloroplasten, in Mitochondrien und im Cytoplasma von eukaryotischen Zellen, möchten wir in diesem Kurs die vielfältigen Abwandlungen von Photosynthese, Atmung und Grundstoffwechsel bei anaeroben und aeroben Prokaryoten kennen lernen. Mit der phototrophen vergleichen wir die chemotrophe Fixierung von Kohlendioxid; der Atmung mit Sauerstoff stellen wir diejenige |
mit Sulfat, Nitrat, Ferri-Eisen, Fumarat und anderen Elektronenakzeptoren gegenüber,und mit der primär durch chemiosmotische Energie angetriebenen ATP-Synthese in atmenden Zellen vergleichen wir die ATP-Bildung aus energiereichen chemischen Bindungen in Stoffwechselzwischenprodukten bei fermentativ lebenden Mikroorganismen. |
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3. Genomik der Stoffwechseldiversität | ||
Der Kurs ist biochemisch-physiologisch ausgerichtet, und er integriert, so weit dies heute bereits möglich ist, funktionelle Proteomik und Prokaryoten-Genomik. Dadurch, dass schon eine ganze Reihe prokaryotischer Genome vollständig sequenziert worden sind, ist es in der Mikrobiologie möglich geworden, die "genetische Architektur" von Stoffwechselwegen zu erforschen und durch Analyse von |
Bakteriengenomen bisher unbekannte Enzyme zu entdecken. Die zu erwartenden Forschungsergebnisse aus der mikrobiellen Genomik werden unsere Kenntnisse über das komplexe Zusammenspiel von Enzymen im Stoffwechsel revolutionieren. |
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4. Genomische Grundlagen der Evolutionsökologie | ||
Durch die Entwicklung von molekularbiologischen Technologien
zur Sequenzierung von DNA und RNA ist es möglich geworden, die "genotypische
Ausstattung" ganzer Mikrobengenome vergleichend zu studieren. Dadurch
eröffnen sich faszinierende Möglichkeiten zum Studium der Evolution
und zum Ursprung des Lebens, die bis anhin nicht möglich waren. |
Wir werden uns fragen, wie es möglich war, dass komplexe Reaktionsketten, die viele spezifische Enzyme und präzise Zellarchitekturen benötigen, oft in taxonomisch verschiedenste Organismen verbreitet werden konnten. Und um die neuen Erkennnisse eines Tages auch gefahrlos nutzbringend anwenden zu können, wollen wir nach jenen natürlichen Selektionsmechanismen forschen, die zur genomischen Vielfalt bei den Prokaryoten geführt haben. |
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5. Modellierung komplexer biologischer Prozesse | ||
Es ist heute möglich, ein einfaches Bakteriengenom in wenigen Arbeitstagen vollständig zu sequenzieren. Die Verarbeitung der riesigen Datenmengen und die vergleichende Analyse und Interpretation der Sequenzdaten verlangt biochemische, enzymatische, taxonomische, ökologische und molekularbiologische Kenntnisse, die alle in computergestützte Analyseprogramme einfliessen müssen. |
Da die Ergebnisse solcher Analysen erst Hypothesen liefern, werden zukünftige MikrobiologInnen die beweisenden Experimente ausführen können müssen. Dazu sollten sie in der Lagen sein, Mikroorganismen richtig und sicher zu handhaben. |
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6. Vom Stoffwechsel der Prokaryoten zur Physiologie der Erde | ||
Die grossartigsten und vielfältigsten biologischen Leistungen auf Erden werden von den Mikroorganismen, vorallem von den prokaryotischen Bakterien und Archäen sowie deren Phagen, vollbracht. Die physiologische Vielfalt ist das Spiegelbild von Stoffwechselentwicklungen, |
die die biologische Evolution im Verlaufe von fast 4 Milliarden Jahren hervorgebracht hat. Die Erkenntnisse aus dem Kurs werden dazu beitragen, die Selektion dessen, was geworden ist, besser nachvollziehen zu können. |
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Das Internet-Projekt wurde von der Universität Zürich durch die e-Learning Arbeitsstelle des Prorektorates Lehre, finanziell unterstützt. Am Projekt haben die folgenden Personen mitgearbeitet: Dr. Matthias Wagner, Dr. Philipp Ott, Dr. Maja Lazzaretti, Dr. Georgiana Hanselmann, Dr. Johannes Kaiser, sowie in wechselnder Intensität die Assistierenden und die Studierenden der Kurse. |
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