Exkursion am Freitag, 6. Juli
- für Studierende des Kurses "Biochemie und Physiologie der Prokaryoten" und für Gäste
- Inhalte
- Bakterien des geochemischen Schwefelkreislaufes (Chemolithotrophie)
- Einige Bakterien sind in der Lage, die Energie, die bei der Oxidation von Sulfid-Schwefel zu elementarem Schwefel bzw. zu Sulfat-Schwefel freigesetzt wird zu nutzen. Bei der aeroben Oxidation werden maximal 8 Elektronen auf elementaren Sauerstoff übertragen. Die frei werdende Energie und ein Teil der Elektronen werden von "Thiobakterien" einerseits für die Biomassebildung aus Kohlendioxid und kleinen, organischen Molekülen (Acetat, Malat, Pyruvat, etc.), andererseits für energieliefernde Dissimilationsreaktionen genutzt.
- Der Lebensraum der Schwefeloxidierer ist oft geprägt durch Bedingungen, die spezialisierte Bakterien bevorzugen. Schwach hydrogenkarbonathaltiges Wasser, das dauernd wenig Schwefelwasserstoff enthält, führt in bewegtem Wasser zur Anreicherung von Thiothrix und im stehenden Wasser von Beggiatoa. Beide Gattungen gehören zu den Proteobakterien; sie haben Gram-negative Zellwandstrukturen, wachsen chemo-mixotroph, bezüglich der verwertbaren Elektronen- und der C-Quellen, bei fast neutralem pH und erscheinen oft als weiss leuchtende Filamente, die Schwefel als Tröpfchen intrazellulär aber extracytoplasmatisch vorübergehend ablagern. D.h. die Schwefeltröpfchen sind in Membraneinstülpungen auf der periplasmatischen Seite lokalisiert. Die stark lichtbrechenden intrazellulären Körperchen sind Polyhydroxyalkanoat- oder Polyphosphat-Ablagerungen.
- Beggiatoa-Arten sind gleitende Filamente, die oft grosse Seebodenflächen mit einem weissen Teppich überziehen. Thiothrix, die in fliessendem Wasser auftreten, bilden Rosetten, die sich an der Unterlage festhalten. Ihre berühmten" Verwandten sind Thioploca und Thiomargarita
- Die Thiothrix Art(en), die bei den Quellaustritten vorkommen, sind unbewegliche, multizelluläre Filamente, die von einer Schleimscheide umgeben sind. An den freien Enden der Filamente sind die Scheiden offen, wodurch Einzelzellen, Gonidien genannt, abgesondert werden können. Während sich die Filamente auf den Felsunterlagen mittels "Holdfast" festhalten und als sessile Formen existieren, sind die Gonidien frei bewegliche, langsam gleitende (1-2 µm/min) Einzelzellen mit einem polaren Fimbrienbüschel. Dieses dient vermutlich zum erneuten Festhalten an einer Unterlage, womit der Anfang für eine neue "Rosettenkolonie" ermöglicht wird.
- Die Thiothrix-Arten leben als Aerobier in microoxischer Umgebung. Wenige Arten können anscheinend NO3- zu NO2- teildenitrifizieren. Als N-Quellen dienen ihnen NO3- oder NH4+; bei einigen ist Acetylenredukition nachgewiesen worden, was auf die Fähigkeit zur N2-Fixierung hindeutet. Verschiedene Arten der Gattung tolerieren Temperaturen im Bereich 6oC - 34oC. Die Wassertemperaturen der Quellaustritte im Tunnel betragen zwischen 30oC und 33oC, das pH variiert, je nach Ort im Abfluss zwischen 5 und 7.5. Als Elektronendonatoren nutzen Thiothrix spp. H2S/HS-, S2O32- nicht aber SO32- oder S4O62-. (Siehe auch Bergey's Manual für Systematic Bacteriology)
- Auf der Exkursion in den Sicherheitsstollen des Gotthardtunnels werden wir Massenentwicklungen von Schwefelwasserstoff-oxidierenden Filamenten begegnen und uns Gedanken darüber machen, wie die für diese Bakterien geeigneten Habitatsbedingungen tief im Berginnern wohl entstehen können. Wir werden die Bakterien an Ort im Mikroskop betrachten und in den Quellaustritten jene Grössen messen, die für die spezialisierten Ökosysteme bestimmend sind.
- Ort
- Sicherheitsstollen des Gotthard-Strassentunnels zwischen Göschenen/UR und Airolo/TI
- Datum
- Freitagnachmittag 6. Juli
- Anreise
- Zürich HB-SBB ab 13.07 (reservierte Bahnabteile im Zug CIS 155, ab Gleis 10, bitte Ankündigungen des Bahnpersonals beachten)
- Arth Goldau an 13.48 / ab 13.55 (umsteigen auf Zug D 1671, fährt ab Gleis 5)
- Göschenen SBB an 14.48, Umsteigen auf Postbus
- Programm
15.00
Fahrt mit Postauto via Andermatt - Gotthard Passhöhe - Airolo. Informationen über die Geologie und die Hydrologie des Gotthardmassivs und über die hydrologischen Färbeversuche (Volker Lützenkirchen, Hydrogeologie ETH-Z)
15.45
Einfahrt in den Stassentunnel auf der Südseite bis Nische 54. Aussteigen und Arbeit im Sicherheitsstollen
16.00 - 16.45
Fussmarsch im Sicherheitsstollen zu Nische 47 in Gruppen. Bestimmen der physikalisch-chemischen Ökosystemdeterminanten (pH, T, LF, Sauerstoff, Schwefelwasserstoff). Gewinnen von Bakterienproben aus den Quellaustritten und Abläufen
16.45-17.30
Mikroskopische Untersuchungen der Proben im Sicherheitsraum
17.45
Abfahrt mit Bus ab Nische 47, Richtung Nord
18.00
Ankunft Göschenen SBB. Göschenen ab 18.09, Zug D 1588 ab Gleis 2, Zürich HB an 19.53
Umständebedingte Programmänderungen sind möglich und müssen in Kauf genommen werden. Die Exkursion wird bei jeder Witterung durchgeführt.
- Ausrüstung
- Normale Bekleidung. Die Temperatur im Tunnel ist ca. 18oC. Windschutz für Gotthardpass empfehlenswert.
- Bitte nehmen Sie mit: Notizheft, Taschenlampe, einen Plastiksack oder einen kleinen Rucksack. Wer eine Kamera mit Biltzlichtausrüstung hat, sollte diese unbedingt dabei haben. Wer lieber mit dem Stollenlicht photographiert, muss ans Kamerastativ denken.
- Wir haben bei uns: Probenahmegefässe, RG-Gestelle, Flip Chart, Mikroskope, Binokular, Objektträger, Deckgläser, Immersionsöl, Pinzetten, Petrischalen, Pasteurpipetten, Linsoft, pH-Papier, Bleiacetat-Papier, Kabelrollen, Mehrfachstecker, Tische zum Aufbauen, Messgeräte, dest. Wasser.
- Billette
- Für die angemeldeten Studierenden und Assistierenden werden die Fahrkarten gemeinsam gelöst. Gäste sind willkommen; sie können sich ebenfalls für die Bahnfahrt anmelden oder die Fahrkarten nach Göschenen selbst besorgen.
- Kosten
- Bahn- und Busfahrt Fr. 45.- für immatrikulierte Studierende.
- Für immatrikulierte Studierende, incl. Doktorierende, übernimmt der Exkursionsfonds der Universität einen Teil der Fahrtkosten. Die den Studierenden noch verbleibenden Kosten betragen demnach Fr. 5.- für Studierende mit GA; Fr. 15.- für Studierende mit einem Halbtaxabonnement und Fr. 25.- für Studierende ohne Bahnvergünstigung. Gäste bezahlen die effektiven Kosten (Fr. 70.- ohne Bahnvergünstigung, Fr. 45.-mit Halbtaxabo, Fr. 20.- mit GA oder bei selbständiger Bahnreise) direkt an die Exkursionsleitung, sofern nicht andere Abmachungen getroffen wurden. Diese Kosten müssen bei der Anmeldung bezahlt werden.
- Versicherung
- ist Sache der Teilnehmer/innen. Die Exkursionsleitung kann keine Haftung übernehmen.
- Im Stollen muss die geführte Gruppe zusammenbleiben; es ist gefährlich, sich ohne Führung in den Stollengängen zu bewegen. Die Anweisungen des Betriebspersonals sind uneingeschränkt zu befolgen.
- Anmeldung
- Einschreibung in der Vorlesungsstunde vom 26. Juni oder für Auswärtige via E-mail bis 30. Juni auf die Adresse hanselma@botinst.unizh.ch unter Angabe von Name, Vorname, Immatrikulationsnummer und der Art der Bahnvergünstigung (Halbtax, GA, selbständige Reise)
- Verhinderung
- Wer sich angemeldet hat aber kurzfristig verhindert ist, soll sich bitte abmelden. Letzter Abmeldetermin ist Dienstag 3. Juli 9 Uhr. Die einbezahlten Beträge minus Fr. 5.- Bearbeitungsunkosten werden zurückerstattet, sofern den Organisatoren durch die Abmeldung keine weiteren Kosten entstehen
- Auskünfte/Leitung
- Kurt Hanselmann, Institut für Pflanzenbiologie-Mikrobiologie, Universität Zürich, Zollikerstrasse 107, 8008 Zürich. Tel. 01/ 6348284 oder 01/6348211. E-Mail: hanselma@botinst.unizh.ch
- Volker Lützenkirchen, Hydrogeologie ETH-Z
- Bitte beachten Sie die Mitteilungen auf der News Seite des Kurses.